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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede Kreistag, 5. Dez. 2011, in Erlenbach-Binswangen - Schmetterlinge statt Dinosaurier !

1. Einleitung

Sehr geehrter Herr Landrat Piepenburg, meine Damen und Herren,

ich beginne mit einem Blick zurück auf das zu Ende gehende, ereignisreiche Jahr!

Denken wir nur mal an die schwellende Finanzkrise oder an die Bilder der explodierenden Atomkraftwerke in Fukushima.

Was lernen wir aus diesen einschneidenden Ereignissen?

Für uns von der ÖDP zeigt sich, das Dinosaurierprinzip hat ausgedient.

Nicht nur die Dinosauriertechnik Atomkraft ist plötzlich vom Aussterben bedroht, auch so manche riesige Dinosaurier-Bank kämpft ums Überleben. Erinnert doch die globalen Finanzwirtschaft stark an einen Dinosaurier mit viel Masse, aber wenig Hirn!

Dinosaurier verleiht der NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.) jährlich als peinlichsten Umweltpreis. Der „Dinosaurier 2010“ ging an den noch RWE-Chef und Atomlobbyisten Jürgen Großmann, der nächstes Jahr sein Amt niederlegt.

Den „Dinosauerier 2009“ erhielt Volkswirt Hans-Werner Sinn. Er vertritt trotz Finanzkrise immer noch die Mär vom sich selbst regulierenden Markt.

Dabei zeigt sich: Dinosaurier sind unflexibel und versuchen jede Innovation zu verhindern. So wie Jürgen Großmann gegen die regenerativen Energie kämpfte, so kämpft Hans-Werner Sinn gegen die Einführung einer Transaktionssteuer – auch Robin Hood Steuer oder Tobinsteuer genannt. Diese geringfügige Umsatzsteuer von ein bis fünf Promille auf grenzüberschreitende Geldgeschäfte würde spekulative Kapitalflüsse stark reduzieren und bis zu 200 Milliarden Euro Einnahmen alleine für Deutschland bringen.

Was setzen wir von der ÖDP dem entgegen:

Das Schmetterlingsprinzip der kleinen Einheiten, der dezentralen Energieorganisation und Versorgung.

Schmetterlinge gab es schon zu Zeiten der Dinosaurier. Sie haben sich entschieden länger gehalten, denn sie sind anpassungsfähig und flexibel.

Dieses Schmetterlingsprinzip sehen wir von der ÖDP auch für unseren Landkreis als Vorbild.

2. Energische Energiepolitik

Auf keinem anderen Gebiet wurde in den letzten Jahren so massiv gegen die Zukunftssicherung gesündigt wie bei der Energiepolitik. Doch nun hat die Bundesregierung die Wende eingeleitet, oder genauer gesagt:  zumindest angekündigt. Von einer Umsetzung sind wir allerdings noch weit entfernt.

In Landkreis sind wir da schon weiter. Wir denken dabei an unsere Holzhackschnitzelheizungen oder Blockheizkraftwerke beim Plattenwald. Hier sind wir vor über 10 Jahren gut gestartet, inzwischen  wurden wir aber von anderen Landkreis überholt. Wir denken dabei an die 100% regenerative Energieversorgung im Neckar-Odenwaldkreis. Oder eine Studie im Main-Tauber-Kreis, die eine Selbstversorgung mit regionalen und erneuerbaren Energien vorsieht, bei zusätzlichem Stromexport in andere Regionen.

Wir hoffen, dass der neue „Ansprechpartner Energie und Klima“ den eingeschlagenen Weg konsequent und verstärkt fortsetzt.

Ziel sollte sein, dass die Liegenschaften des Landkreises im Jahre 2022 zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Das ist auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit, da regenerative Energien langfristig immer billiger und fossile Energieträger immer teurer werden.

So gehen wir von der ÖDP davon aus, dass beim Neubau des Klinikum am Plattenwald und Gesundbrunnen die neuesten Energiespartechniken zum Einsatz kommen. So zum Beispiel auch eine Solaranlage zur Brauchwassererwärmung.

Kommunaler Schulterschluss für Elektromobilität

Die Städte Gaggenau, Bühl, Rastatt und der Landkreis Rastatt kaufen gemeinsam 11 Daimler-Elektrofahrzeuge und übernehmen dadurch eine Vorreiterrolle für die Elektromobilität.

Auch im Landkreis vertretene Firmen bieten demnächst Elektroautos an. Vielleicht auch eine interessante Möglichkeit für unseren Landkreis. Wie wäre es mit einer Stromtankstelle beim Landratsamt!?

3. Mehr Zukunft mit weniger Schulden

Das einzigste, was man ohne Geld machen kann, sind Schulden (Karl Pisa).

Wir hoffen, dass dies nicht zum Leitspruch für unseren Landkreis wird.

Immer mehr Schulden in Zeiten einer gut laufenden Konjunktur - was machen wir, wenn es mal wieder schlechter läuft?
In 2012 erhöhen wir unseren Schuldenstand um 26 Mio. Euro auf den 75 Mio Euro Ende 2012. Das heißt, in nur einem Jahr steigt die Verschuldung um über 50%. Bis 2015 sollen die Schulden sogar auf 117 Mio. Euro steigen.

Es ist davon auszugehen, dass die Zinsen aufgrund der Inflation stark steigen werden. Bei dann vielleicht 6% Zinsen zahlen wir in 2015 7 Mio. Euro nur an Zinsen pro Jahr ohne jede Tilgung. Damit rauben wir schon heute dem nächsten Kreistag den Handlungsspielraum.

Eine Beibehaltung der Kreisumlage von 32 % halten wir deshalb für angebracht. Deshalb werden wir dem Antrag von Bündnis90 / Die Grünen, der sich gegen eine Absenkung ausspricht, zustimmen.

Für nicht angebracht halten wir eine Renovierung eines bestehenden und funktionsfähigen  Sitzungssaals und Pforte für 1,1 Mio. Euro. Für uns von der ÖDP nicht verständlich: Mit einer  energieintensiven Klimatisierung für 90 000.- Euro.

Deshalb unser Antrag, dies um ein Jahr zu verschieben, und die Zeit zu nutzen, um die Kosten zu reduzieren. Für eine Renovierung muss ein Betrag von rund 500 000.- Euro ausreichen. Die Gremien können dann in einem Jahr entscheiden, ob die vorliegende Lösung zu 1,1 Mio. Euro oder die reduzierte Lösung zu unter 500 000.- Euro umgesetzt wird.

4. Verkehrspolitik: Weniger Autoverkehr - mehr Stadtbahn

Was sich dieses Jahr bei der Stadtbahn abgespielt hat, war wirklich nichts für schwache Nerven.

Die vorausgehenden Diskussionen seitens der Stadt Heilbronn um eine Verschiebung oder Streckenverlegung der Stadtbahn Nord, waren dagegen regelrecht langweilig.

Nachdem seit dem Beschluss des Stadtbahnkonzeptes 1993 fast 20 Jahre fast nichts Richtung Norden passierte, kam es plötzlich auf wenige Tage an, um noch rechtzeitig das Wagenmaterial zu bestellen  oder den plötzlich erkannten „Rückzieher“ des Neckar-Odenwaldkreises auszugleichen.

Da sind wir wohl knapp an einem Totalschaden vorbeigeschrammt.

Eine weiterer Verschiebung der Stadtbahn Nord über 2014 hinaus, hätte wohl das endgültig Aus  bedeutet. Gerade jetzt nachdem Stuttgart21 entschieden ist. Die Mehrkosten von Stuttgart21, die sicher nach und nach auf den Tisch kommen, dürften weiteren ÖPNV-Projekte in Baden-Württemberg das Wasser abgraben.

Was ist nun die Lehre aus diesem Fast- Desaster?

Ein Fazit: Die Kommunikation zwischen den Landkreisverwaltungen ist verbesserungsfähig. Wir bitten dies als Anregung an die Verwaltung zu verstehen, um  sich über zusätzliche Kommunikationspfade Gedanken zu machen.

Nach der Stadtbahn Nord muss es weitergehen. Die Zabergäubahn sollten wir dabei nicht aus dem Auge verlieren. „Die Wirtschaftlichkeit ist gegeben“, so der frühere AVG (Albtal-Verkehrsgesellschaft) Chef Dieter Ludwig bei einer Diskussion in Cleebronn dieses Jahr.

Eines ist sicher, je länger wir hier warten, um so höher wird der eigene Anteil. Wie man beim Vergleich der Kosten zwischen der Strecke Eppingen – Heilbronn zur Stadtbahn Nord leicht feststellen kann.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!

Noch zum HNV:

Auch beim HNV brauchen wir weitere Innovationen. In mittlerweile 14 Regionen Deutschlands funktioniert das Handy als Fahrkartenautomat. Vielleicht wäre dies auch was für den HNV!?

Vielleicht wird so auch der gegenseitige Ticketkauf über die Verbünde hinweg erleichert. (Bsp. HNV-Karten an den KVV-Automaten zwischen Bretten und Eppingen. )

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: 2012 führt der HNV das Metropoltagesticket ein. Es gilt in 3 Stadtkreisen und 16 Landkreisen, von Heilbronn bis Tübingen, von Calw bis zur Ostalb. Wenn wir uns hier noch etwas anstrengen und weiter Kreis für Kreis dazunehmen, haben wir bald eine Baden-Württemberg-Ticket mit allen Verbünden! Als nächstes sollte der Main-Tauber-Kreis dazu kommen.

5. Mehr Demokratie wagen

Stuttgart21 hat für uns von der ÖDP gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr direkte Demokratie, mehr Einflussnahme zwischen den Wahlen wollen. Von fast 50 Prozent Wahlbeteiligung kann man bei machen Bürgermeister oder Kommunalwahlen nur träumen.

Wir fragen uns: Wie können wir die Bürgerinnen und Bürger stärker in das Kreisgeschehen einbinden.

Immer mehr Kommunen in der Region setzen auf Kommunikation mithilfe sozialer Netzwerke im Internet (wie zum Beispiel Facebook). Beispiel Heidelberg, Mannheim, Heilbronn oder Weinheim.
Die sozialen Netzwerke gewinnen immer mehr Bedeutung, dabei ist die Interaktion, also die Mitwirkung der User das entscheidende.

6. Politik für Familien: Mehr Taten und weniger Worte für die Förderung der Familien

Bei der Förderung von Familien hat sich einiges getan. Es sind aber auch noch viele Hausaufgaben zu machen, u. a. auch im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Für eine flexible Betreuung halten wir ein ausreichendes und qualifiziertes Angebot von Tagespflegemütter für wichtig. Diese Plätze kommen für die Kommunen auch erheblich günstiger, als die Einrichtung von Kindertagesstätten.

Deshalb halten wir von der ÖDP die Förderung des TagesKinder-Vereins Region Heilbronn für wichtig. Der Verein hat nun um eine halbe Stelle (31500.- Euro) angefragt, was abgelehnt wurde.

Uns wundert nun, dass die CDU diesen Antrag nicht unterstützt, wurde doch in der Vergangenheit immer wieder die Wichtigkeit dieses Angebot und die Gleichstellung zu anderen Betreuungsformen herausgestellt. (Wir erinnern an den CDU-Prüf-Antrag von 2009.)

Im Landkreis sind 430 Kinder in Tagespflege, da sind 13 Prozent der gesamten Betreuungskapazität (HST 8.11.2011)

7. Katastrophenschutz

Die Bilder von explodierenden Atomkraftwerken in Fukushima  geben Anlass genug, noch mal neu über unsere Katastrophenpläne für das Atomkraftwerk Neckarwestheim nachzudenken. Unsere aktuellen Planungen greifen hier viel zu kurz.

Ein Unfall wie in Fukushima taucht in unseren Notfallplänen gar nicht auf.

Was passiert, wenn zum Beispiel eine 25 Kilometer-Zone um den Reaktor evakuiert werden muss?

Neckarwestheim II wird noch bis 2021 am Netz bleiben, also ein Zeitraum, der nicht vernachlässigt werden kann.

8. Schluss

Wie anfällig ist eine Region für Krisen aller Art?

Diese Frage haben sich Forscher des Pestel-Instituts in Hannover gestellt und alle Kreise und Städte in Deutschland unter die Lupe genommen.

Der Landkreis Heilbronn kommt dabei nicht gut weg. Gründe sind die wenigen ÖPNV-Kilometer pro Einwohner und eine höhere Mietquote. Punkten kann der Landkreis aber mit einer hohen Schulabgängerquote und relative wenigen HartzIV-Empfängern, viel Solarwärme- und Photovoltaik und einer geringen kommunale Verschuldung.

Bei Blick auf unsere zunehmende Verschuldung, werden wir uns hier in den nächsten Jahren nicht verbessern.

Wir von der ÖDP werden den Haushalt deshalb ablehnen.

Schmetterlinge statt Dinosaurier – so das Eingangsmotto.

Die Dinosaurier sind vor 65 Millionen Jahre ausgestorben. Die Schmetterlinge haben aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit bis heute überlebt.

Inzwischen sind zwar nicht die Schmetterlinge als Art bedroht, aber einzelnen Arten haben durch die Veränderung der Landschaft Probleme – auch bei uns.

Damit es bei uns auch weiterhin viele Schmetterlinge gibt haben wir von der ÖDP ein kleines Weihnachtspräsent dabei, dass sie im Frühjahr benutzen, sprich aussähen sollten.

Es sind Tüten mit Blumenwiesensamen. Die Tüten haben wir von der Stadt Bad Rappenau, die hier Heilkräutersamen verschenkt. Wir mussten die Tüten deshalb etwas umfunktionieren.

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Ökologisch-Demokratische Partei / Familie und Umwelt (ödp)

Kreisrat Klaus Ries-Müller,                                                               
Asternweg 1, 74906 Bad Rappenau, Fon 07264/205662

Kreisrat Horst Freiherr von Gemmingen-Guttenberg,
Dammhof 7, 75031 Eppingen, Fon 07262/7755