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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede zur Gemeinderatssitzung am 9. Febr. 2023 Delay means Death! (Verzögerung führt zum Tod!)

Klaus Ries-Müller während der Haushaltsrede

Klaus Ries-Müller während der Haushaltsrede

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Frei, meine Damen und Herren,  


1. Einleitung
Mehr Sport treiben, gesund ernähren, mehr Obst und Gemüse essen, … diese guten Vorsätze für das neue Jahr kennen wir alle. Aber würden Sie sich vornehmen irgendwann, 1 Kilogramm Gewicht abzunehmen? Oder ein Kilo Karotten zu essen? Ohne konkreten Termin.
Das ist doch lächerlich, würden sie sagen. Ohne genaue definierte Ziele und Maßnahmen bringt das doch nichts.
Wenn Ziele und die damit verbundenen Maßnahmen nicht ambitioniert sind, machen sie wenig Sinn!

Genauso ist das beim Klimaschutz! Die guten Vorsätze sind da. Doch es passiert zu wenig, viel zu wenig!
Dabei läuft uns die Zeit davon:
„Delay means Death“ – „Verzögerung führt zum Tod“, so formulierte es UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bei der Weltklimakonferenz und begründete dies:
„Unser Planet nähert sich immer schneller den Wendepunkten, die das Klimachaos unumkehrbar machen werden. Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle, …“, so Guterres.
Wenn wir die Wissenschaft ernst nehmen, muss Deutschland die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 auf nahezu Null senken, um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten (nach dem Prinzip der Verteilung des globalen Restbudget).
„1,5°C“ hört sich zunächst mal wenig an. Das ist aber eine mittlere globale Temperatur. Dass unser Planet zu 2/3 aus Wasser besteht wird dabei gerne übersehen. Für Landflächen kann das schon mal 6 bis 7°C mehr sein – im Durchschnitt!
Jahrhundertsturm, Jahrtausendflut, Jahrhundertdürre - extreme Wetterereignisse treten inzwischen im Jahresrhythmus auf – weltweit, aber auch bei uns! Und dennoch sind dies erst die Vorboten.
Das heißt, wir müssen jetzt handeln bevor aus dem Klimawandel eine Klimakatastrophe wird, denn jetzt können wir noch handeln!

2. Voller Energie zu weniger (fossilem) Energieverbrauch!
Zurück zu Bad Rappenau:
Der Klimaschutz ist zwar (inzwischen) auf der Agenda, so haben wir seit kurzem ein Klimaschutzkonzept. Doch hat der Klimaschutz die notwendige, zentrale Bedeutung im städtischen Haushalt?
Im 756 Seiten starken Haushaltsplan kommt das Wort „Klimaschutz“ nur 3 Mal vor: Beim LED Lampentausch, beim Photovoltaik-Förderprogramm und im Zusammenhang mit dem Klimaschutzkonzept selbst.
Dabei bietet das neue Klimaschutzkonzept eine sehr gute Basis, eine Fülle von Maßnahmen und Lösungen für mehr Klimaschutz.
Doch es ist wie beim eingangs beschriebenen Abnehmen, ohne ambitionierte Ziel und einen konkreten Fahrplan, wie diese Ziele erreicht werden können, fällt das Thema immer wieder hinten runter, bis es zu spät ist!
Ein Vorschlag für ein solche Zielvorgabe:
Die Stadtverwaltung inklusive der Liegenschaften sollte bis 2030 klimaneutral sein, die Gesamtstadt bis 2035. Dies entspricht grob den Zielen, die sich die Städte Heilbronn, Stuttgart oder München gegeben haben. Bei den genannten Beispielen ist damit immer ein Fahrplan verbunden, bis wann die notwendigen, zusätzlichen Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Viele Maßnahme sind für uns damit verbunden, dass z. B. im Hochbauamt mehr Personal gebraucht wird, wenn wir hier wirklich was bewegen wollen. Eine entsprechende Stelle für das kommunale Energiemanagement fördert das Land z. B. mit 70%.
Fazit: Das Konzept ist ein guter Einstieg, der aber vehement weiterverfolgt werden muss. Denn für die Umwelt zählt zum Schluss nicht die produzierten Seiten Papier, sondern die konkret umgesetzten Maßnahmen.
Deshalb haben wir Vorschläge aus dem Klimaschutzkonzept aufgegriffen und als Anträge formuliert:
Das Klimaschutzkonzept sollte hier keinesfalls als Feigenblatt missbraucht werden, keine Anträge zum Klimaschutz zu stellen, so wie teilweise bei den Vorredner/innen angeklungen: Wir haben ja ein Klimaschutzkonzept, deshalb sollten keine Anträge zum Klimaschutz mehr gestellt werden.  
Photovoltaik-Förderung
Für die Förderung von 100 Photovoltaik Balkonmodulen mit jeweils 150 Euro haben wir 15 000.- Euro beantragt. Das entspricht inzwischen – erfreulicherweise - auch dem Vorschlag der Stadt.
Solche PV-Module am Balkon ermöglichen selbst erneuerbaren Strom zu produzieren und direkt vor Ort zu verbrauchen, auch für Mieter ohne eigenes Dach.
Bei der Förderung von PV Dachanlagen wollen wir dagegen die städtische Förderung von (nur) 10000.- auf 25000.- Euro erhöhen und damit rund 25 Anlagen fördern.
Wettbewerb zum Energiesparen
Ähnlich der Energiesparwettbewerb an den Schulen. Gerade Kinder und Jugendlichen werden sich in Zukunft mit dem Thema Energieeinsparung beschäftigten müssen. Hier liegt sicher die Hauptaktivität bei den Schulen, die ja dieses Thema aufgreifen müssten, mit Unterstützung der Verwaltung.
Förderung Heizungspumpentausch
Ein Thema, dass meist im Verborgenen, im Keller arbeitet: Heizungspumpen sind hier wahre Energiefresser.  Deshalb wollen wir den Austausch von 25 Heizungspumpen zu jeweils 100.- Euro fördern, auch um das Thema in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.  

Photovoltaiknutzung auf städtischen Gebäuden
Letztes Jahr wurden nach 10 Jahren Pause wieder städtische Dächer mit einer Photovoltaik-Anlage belegt,  wie die Grundschule in Bonfeld oder der Kindergarten im Kandel.
Dabei hatten wir seit Jahrzehnten darauf hingewiesen, dass hier Handlungsbedarf besteht.
Wie ist der weitere Fahrplan? Welche Gebäude kommen als nächstes dran? Freie Dächer gibt es noch reichlich!

Krebsbachtalbahn:
Noch ein Thema, das nicht direkt im Klimaschutzkonzept auftaucht, aber trotzdem CO2 einspart. Das ist die Krebsbachtalbahn: Die Stadtbahn fährt schon heute mit Ökostrom. Wir hoffen, dass die Stadtbahn deutlich vor 2030 durch das Krebsbachtal fährt.  

3. Sichere, nachhaltige Versorgung mit Trinkwasser
Die trockenen Sommer gefährden auch unsere Wasserversorgung. So waren schon im Mai 2022 die Füllstände unserer Wasserspeicher so niedrig wie noch nie.
Kostbares Trinkwasser sollte deshalb nicht für die Toilettenspülung oder zur Gartenbewässerung benutzt werden. Deshalb unser Fördervorschlag für Zisternen.  

4. Immer mehr Baugebiete? Für eine behutsame Stadtentwicklung
Die Stadt Bad Rappenau fährt seit Jahren einen Wachstumskurs bei neuen Baugebieten: 8 Baugebiete sind in Arbeit bzw. Bebauung oder noch geplant. Diese rund 450 Bauplätze bedeuten einen Flächenverbrauch von 30 Hektar und einen noch nie dagewesen starken Einwohnerzuwachs von 1700 Einwohnern, davon sind 750 Kinder! (Zahlen des statistischen Landesamtes: pro Platz mit 2 Erwachsenen und 1,7 Kindern).
Die Neubürger/innen treffen auf schon heute mehr als ausgelastete Kindergärten und Schulen, aber auch nicht zu vergessen Kläranlagen.
Schon heute stehen nicht genügend gut ausgebildete Erzieher/innen und Lehrer/innen zur Verfügung.
Was heißt das für uns?
Wir müssen bei der Erschließung von Baugebieten einen Gang zurückschalten. Wir kommen sonst mit der Infrastruktur nicht mehr hinterher!
Wichtiger als immer neue Baugebiete ist für uns von der ÖDP, dass wir die bestehenden Gebäude und Infrastruktur auf den neusten Stand bringen. Auch aus Gründen des Klimaschutzes und der teilweisen hohen Energiekosten ist dies dringend notwendig!
Neben unzähligen Sanierungen im Bestand, haben wir dabei noch zwei Großprojekte zu stemmen:
Den Neubau der Feuerwehr in der Raiffeisenstraße und den Neubau des Rappsodie-Hallenbades.

5. Belebung der Innenstadt (Fußgängerzone)
Eine weitere wichtige Baustelle ist für uns die Attraktivierung der Innenstadt um den Kirchplatz. Diese Attraktivierung wurde schon mehrmals verschoben.
Wir haben hier einige einfache Vorschläge gemacht, wie neue Bäume und Sonnensegel, was allerdings nicht die Zustimmung der Verwaltung gefunden hat.
Die Verwaltung hat aber zugesichert, hier eigene Vorschläge zu unterbreiten, wie mit einfachen Maßnahmen zum Beispiel ein besserer Sonnenschutz im Sommer erreich werden kann. Ein großes Lob an den Bauhof, der auch in 2022 wieder sehr viele neue Bäume gepflanzt hat. Vielleicht klappt es diese Jahr auch um den Marktplatz.

6. Zum Schluss
Zum Schluss noch ein Zitat:
„Wir wollen, dass alle die Chance haben, gut zu leben. Heute und in Zukunft. Überall auf der Welt. Das geht nur, wenn die Systeme, von deren Gleichgewicht unser Leben abhängt, stabil sind.
Unabdingbare Voraussetzung dafür ist, unsere zerstörerische Abhängigkeit von der Nutzung atomarer und fossilen Energien schnell und vollständig zu beenden und unser gesamtes Leben und Wirtschaften auf nachhaltige, dauerhaft tragfähige Grundlage zu stellen.
Wir befinden uns in einem Wettlauf mit der Zeit. Gleichzeitig werden die notwendigen Veränderungen massiv ausgebremst. Wir müssen uns deshalb fokussieren, um am wichtigsten Punkt den Durchbruch zu erreichen. Dieser Punkt ist die Nutzung der Photovoltaik als Schlüssel zur Energieautonomie.“
Zitat Ende (aus dem Buch „Sonnen-Strategie“ von Hermann Scheer (1995, Kapitel 10: „Die Energie des Volkes“).  

Vielen Dank Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit.

Die ÖDP-Fraktion wird dem Haushalt zustimmen.

 

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